von Dörte Grabbert, AfA-Vorstandsmitglied, Kreis Saarbrücken-Stadt
Jetzt in der Krise dürfte wohl auch dem letzten und der letzten auffallen, wie schlecht es um die finanzielle Absicherung der meisten Kultur- und Kreativschaffenden steht. Genauso wichtig ist die (für viele oft neue) Erkenntnis, dass Kultur zur Daseinsvorsorge gehört.
Richtig war deshalb die Soforthilfe für Soloselbständige des saarländischen Arbeitsministeriums, die auch bei vielen KünstlerInnen und MusikerInnen greift. Ob sie ausreichen wird, um die Kreativschaffenden im Land vor dem wirtschaftlichen Ruin zu bewahren, wird sich zeigen. Auch die vielen Initiativen im Land – unter anderem vom Poprat Saarland, dem Kulturforum der Sozialdemokratie Saarland, der Arbeitskammer des Saarlandes und dem saarländischen Kulturministerium – verfehlen ihre Wirkung nicht. Vorübergehend jedenfalls.
Eine weitere Möglichkeit für Kultur- und Kreativschaffende ist der erleichterte Zugang zur Grundsicherung. Doch viele fürchten, dass sie dann ihre Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse (KSK) verlieren. Grundvoraussetzung für die Mitgliedschaft bei der KSK ist nämlich unter anderem ein Mindest-Jahreseinkommen von mehr als 3.900 Euro netto aus der selbständigen künstlerischen Tätigkeit. Die KSK hat auf die Sorgen bereits reagiert. Wenn die Einkommenserwartung infolge der Corona-Krise herabgesetzt werden muss, wird die Versicherungspflicht bis auf weiteres im laufenden Jahr auch dann fortgesetzt, wenn das Mindesteinkommen von 3.900 Euro jährlich nach aktueller Einschätzung nicht erreicht werden kann.
Genauso wichtig wie Hilfe in der Corona-Krise ist es, die Kultur- und Kreativschaffenden auch danach nicht aus dem Blick zu verlieren und ihre wirtschaftliche und soziale Situation mittel- und langfristig zu verbessern. Denn: „Prekäre Arbeit mit niedrigen Löhnen, unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und geringer, sozialer Absicherung gegen Standardrisiken wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Altersarmut und Arbeitslosigkeit sind ein besorgniserregendes Merkmal weiter Teile der Branche“, schrieb Jonas Boos, Abteilung Wirtschaftspolitik der Arbeitskammer des Saarlandes (AK), bereits im AK-Bericht 2017 an die Landesregierung.
Aus dem Bericht geht hervor, dass Kultur- und Kreativschaffende im Saarland über ein durchschnittliches Jahreseinkommen von nur 14.227 Euro verfügen (Angaben der KSK). Auch wenn die Zahlen von 2016 stammen, dürfte sich seitdem nicht viel geändert haben. Alarmierend ist auch der hohe Anteil ausschließlich geringfügig Beschäftigter. So kommen etwa bei den darstellenden Künsten auf einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mehr als 1,5 geringfügig Beschäftigte. Das bedeutet: kaum Absicherung im Alter, kein Schutz vor Arbeitslosigkeit.
Davon abgesehen, dass die so genannten Minijobs endlich auf den Müllhaufen der Geschichte gehören, sollten sich Kulturveranstalter (auch öffentliche) für faire Arbeitsbedingungen für Kreativ- und Kulturschaffende verantwortlich fühlen.
Dazu gehört ganz klar: MusikerInnen und KünstlerInnen verdienen eine angemessene Gage, egal, wo sie auftreten und wo sie ausstellen. Mit Vertrag und allem Drum und Dran. Die Hutsammlung ist nur das Trinkgeld.
So könnte etwa die Finanzierung von Projekten im kulturellen und kreativen Sektor oder deren freien Szene an die Einhaltung sozialer Mindeststandards gekoppelt werden – ähnlich wie bei dem saarländischen Tariftreue- und Vergabegesetz, heißt es im AK-Jahresbericht weiter.
Oder wie wäre es mit einer Ausstellungsvergütung von mindestens 2.000 Euro für eine Einzelausstellung – mit Unterstützung der öffentlichen Hand? Die gleichnamige Initiative fordert bereits seit Längerem ein entsprechendes Gesetz
Noch mehr Lösungsvorschläge und Datenmaterial finden Ihr im Jahresbericht 2017 an die Regierung des Saarlandes auf der Internetseite der Arbeitskammer: www.arbeitskammer.de/publikationen